Das 1×1 gelingender Kommunikation
2. Juli 2020Billionen für unseren Planeten – Ein Gedankenexperiment
1. September 2020Das 1×1 gelingender Kommunikation
2. Juli 2020Billionen für unseren Planeten – Ein Gedankenexperiment
1. September 2020Ich habe mich lange gegen das Schreiben eines Blogs gewehrt der Corona und die damit verbundenen Auswirkungen auf Unternehmen zum Thema hat. Warum? Weil die darin widergegebenen Erkenntnisse nicht neu wären. Man hatte den gleichen Wissensstand auch schon vor der Krise, nur treten die ohnehin schon vorhandenen Probleme jetzt akzentuierter und greller zu Tage, sodass sie selbst der schlimmste Peter-Prinzip-Profiteur wahrnehmen muss. Der Blog enthielte also jede Menge Blahblah und keine neuen Infos. Viele Unternehmen und insbesondere deren Führungskräfte waren bisher allerdings schlicht zu bequem, zu blind oder zu uninteressiert, um die Zeichen der Zeitzu erkennen und straucheln jetzt in der Krise. Klassisch – nur nichts verändern. Warum auch? „Rennt eh ois und waunn amoi net, bin i eh scho längst wieder weg!“ Nachstehend eine ziemlich ernst gemeinte Glosse! 😉
Learning 1: (Krisen-)kommunikation
In den letzten Monaten sind Angebote zum Thema Krisenkommunikation (in der Regel online) aus dem Boden geschossen. Schauen wir uns diese total „freshen“, sich völlig am Puls der Zeit befindlichen Tipps einmal genauer an.
- Wir lernen, dass Vertrauen total wichtig ist. Welch Weisheit! Unternehmen, in denen nicht ein Mindestmaß an Vertrauen zwischen den Kollegen sowie den unterschiedlichen Hierarchieebenen vorherrscht, sind mittel- bis langfristig ohnehin dem Untergang geweiht. Außer man hat ein wirklich sehr ausgeklügeltes Geschäftsmodell. Wie in der Einleitung schon geschrieben – in der Corona-Krise treten Probleme nur deutlicher zutage, beispielsweise wenn man in der Vergangenheit darauf gepfiffen hat, ein vertrauensvolles Miteinander aufzubauen.
- Es ist ein Mehr an Kommunikation nötig: Neeeiiiin! Wer hätte das gedacht? In einer Situation, wie wir sie in der Form noch nie zuvor erlebt haben, ist mehr und konkretere Kommunikation nötig. Insbesondere weil sich ja, gerade zu Beginn der Krise, der Informationsstand oft stündlich verändert hat. Dieser laufend neue Informationsstand gehört natürlich auch entsprechend professionell und zeitnah kommuniziert, erklären uns die Marktschreier der Krisenkommunikation. Kopfschüttelnd stelle ich fest: Man lernt wirklich nie aus.
- Die Sorgen und Ängste der MitarbeiterInnen (wirklich!) ernst nehmen. In einer derartigen Situation sind Führungskräfte ausnahmsweise einmal wirklich gefragt. Sie sollen Sicherheit und Halt geben. Sie sollen ein offenes Ohr für Ihre MitarbeiterInnen haben und sich auch einmal tatsächlich die Zeit nehmen, auf deren Wünsche und Sorgen einzugehen. Für diesen ganz unglaublichen Erkenntnisgewinn haben wir eine Krise epischen Ausmaßes benötigt? Man kann sich ein süffisantes Lächeln nicht ganz verkneifen, oder?!
- Bedanken Sie sich bei Ihren MitarbeiterInnen. Also jetzt wird’s aber wirklich schräg. Ich benötige eine derartige Situation und externe Berater, damit ich weiß, dass ich mich bei meinen MitarbeiterInnen für deren hervorragende Arbeit einmal bedanken sollte? Ich gehe lieber zur nächsten Lektion über, bevor ich noch in einen gepflegten Zynismus abgleite oder gar ausfällig werde.
Learning 2: Digitalisierung ist ein Must, keine Option!
Damit wir alle vom Gleichen reden – was bedeutet Digitalisierung eigentlich tatsächlich? Im ursprünglichen Sinn die Umwandlung von analogen in digitale Datenformate. Im aktuellen, etwas weiter ausgelegten Sinn, geht es um die zielgerichtete Identifikation und konsequente Ausschöpfung von Potenzialen, die sich aus der Digitaltechnik ergeben (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Digitalisierung, 30.7.2020).
Um das Kind beim Namen zu nennen: Digitalisierung ist gekommen um zu bleiben. In manchen Unternehmen scheint dieser neue Gedanke aber erst jetzt vorsichtig an die Tür zu klopfen. „Wer ist da? Digitalisierte Arbeitsprozesse? Gengans weg, wir kaufen nix!“
Zahlreiche weitere Aspekte der Digitalisierung krempeln schon seit einiger Zeit die Gesellschaft um, etwa ein völlig veränderter, weil digitalisierter Arbeitsmarkt. Das „Internet of Things“ ermöglicht verschiedenen Geräten miteinander zu kommunizieren, Datensicherheit hat höchste Priorität, Daten sind das Gold unserer Zeit! Durch Ausnützung von Skalierungseffekten ändert sich die Kostenstruktur völlig und zwar im besten Fall zum Vorteil des Unternehmens. Digitalisierung hat Auswirkungen auf unser Rechtssystem (Stichwort Steuervermeidung von Facebook & co.). Und was zur Hölle ist eigentlich eine Blockchain? Ich könnte hier noch eine Reihe von Beispielen anführen, doch wie schon in Lektion 1 skizziert – das alles ist nicht neu. Dieser Prozess hat schon in den 90er Jahren begonnen, wenn man die flächendeckende Einführung des Internets als groben Startpunkt bezeichnen möchte. Gut und vorausschauend geführte Unternehmen haben sich rechtzeitig und fundiert auf derartige Veränderungen vorbereitet und nicht erst, wenn sie durch eine Krise dazu gezwungen wurden. Aber wem erzähle ich das, Sie arbeiten garantiert in einem solchen Unternehmen, oder?
Learning 3: Homeoffice funktioniert!
Das schlägt jetzt aber wirklich dem Fass den Boden aus! Da geht die Führungsebene doch ein Berufsleben lang vom Homo Oeconomicus aus, dass ein/e MitarbeiterIn nur seinen/ihren eigenen Nutzen maximiert und ohne laufender Kontrolle sicherlich keinen Handgriff macht. „Faules Gsindl! Naja, was kann man schon vom Mob erwarten? Kein Wunder dass diese Gfraster immer schon von zuhause arbeiten wollten – aber nicht mit uns!! Wir wissen genau wohin das führt! Sodom und Gomorra!“
Und dann kam der 16.3.2020: Lockdown. Von heute auf morgen mussten 100.000e ÖstereicherInnen von zuhause aus arbeiten. Ohne Kontrolle. Einfach so. Und was ist passiert? Gar nichts! Die Frauen und Herren Manager mussten feststellen, dass es sich hierbei zwar um eine massive Umstellung handelt, aber die Produktivität keineswegs gefallen, sondern sogar gestiegen ist! „Unerhört! Was erlauben sich die Gfraster? Daheim bleiben und MEHR hackln? Das gibt’s ja nicht!“ Da hatte man ein Leben lang ein Bild von Menschen und dann traut sich doch die unsägliche Realität diesem diametral zu widersprechen. Sauerei! Aber hey – machen wir das Beste daraus! Wenn sich das Arbeiten von zuhause aus bewährt hat und diverse Besprechungen, Meetings, Jour Fixes, etc. auch gut via Zoom, Skype oder MS Teams und wie sie noch alle heißen abgewickelt werden können, kann man diese Fakten ja auch gleich zu einer massiven Kostensenkung nützen. A) Man benötigt weniger Büroflächen, wenn man die MitarbeiterInnen zumindest zeitweise von zuhause arbeiten lässt und b) wenn die Produktivität in der Krise sogar gestiegen ist, kann man mit Leichtigkeit einige MitarbeiterInnen freisetzen und damit den höchsten Kostenpunkt, nämlich die Personalkosten entsprechend reduzieren. Ich möchte hier nicht ethisch werten, es geht mir nur darum herauszustreichen, dass auch diese Erkenntnisse nicht neu sind, wenn man die letzten 10 Jahre mit offenen Augen und Ohren durch die Welt spaziert ist.
Learning 4: Hierarchische Unternehmensstrukturen adé!
Klassische Unternehmensstrukturen sind in der Regel langsam, träge und innovationsfeindlich. In einer Krise wie der aktuellen ist die Anpassungsfähigkeit dieser Organisationen immens zäh und viel zu langsam. Agile Unternehmen, die sich schon früher vom Bild des patriarchischen und allwissenden Unternehmenskapitäns und den damit verbundenen Organigrammen verabschiedet haben, tun sich dieser Tage um einiges leichter. Entscheidungen werden direkt dort getroffen, wo die Know-how-Träger sitzen. Schnell, unkompliziert und ganz klaren Prozessen folgend. Die unterschiedlichen Rollen und Kompetenzen der einzelnen Personen wurden schon lange vor der Krise definiert, immer wieder evaluiert und gegebenenfalls adaptiert. Für derartige Unternehmen ist Veränderung Alltag. Diesen Modus auch in Krisensituationen anzuwenden, ist für sie nichts Ungewöhnliches. Und noch ein entscheidender Punkt ist hier zu bedenken, der aber aktuell in den Hintergrund geraten ist: Junge Hochleister sind ein knappes Gut. Auch diese Krise wird vorüber gehen, die Babyboomer gehen step by step in Pension und die jungen, gut ausgebildeten Menschen werden es sich aussuchen können, wo sie arbeiten möchten. Wo werden diese Menschen hingehen? Wird es sie zu Organisationssystemen ziehen, wo immer noch derjenige der Beste ist, der am längsten an seinem Schreibtisch sitzt, wo keine offene Kommunikationskultur gelebt wird, wo man sich nicht aktiv einbringen kann und unterschiedliche Rollen und Innovation als solches Fremdwörter sind, die man erst gar nicht verstehen will? Oder vielleicht doch in andere, zukunftsorientiertere Organisationen? Ich habe da so einen Verdacht…!
Liebe Entscheidungsträger da draußen: Nützen wir gemeinsam diese Krise als Chance, Berufs- und Privatleben besser vereinbar zu machen, produktiv und konstruktiv miteinander zu agieren und eine Arbeitswelt zu bauen, die endlich den gesellschaftlichen Realitäten und damit den Wünschen der Menschen entspricht. Das müssen sie natürlich nicht tun. Aber wenn Sie langfristig am Markt bestehen und tatsächlich die besten Köpfe anziehen wollen, wird daran kein Weg vorbeiführen. Wie sagte schon Bob Dylan: The times they are a-changin‘!
feinschliff by the fabulous norbert hübner