Sie kennen das sicher: Sie sitzen in einer Besprechung und die immergleichen Mitglieder der Runde werfen mit Begrifflichkeiten um sich, die zwar total wichtig klingen, aber tatsächlich nichts sagen. Die anderen Teilnehmer nicken alle wissend und zustimmend, während Sie sich denken: „Laaaangweilig!! Schade um meine Zeit!“ oder „Worum geht’s eigentlich?“. Ich habe mir gedacht, ich trage mal ein paar meiner ganz persönlichen Highlights als kleine kommentierte Auswahl zusammen. Hat durchaus kabaretthafte Züge, wie ich finde! Und keine falschen Hoffnungen: hier sprechen nicht pubertierende 15-Jährige, sondern völlig seriöse Stützen unserer Gesellschaft. Die meinen das ernst! 😉
Das wird sicher das nächste Unicorn. Da müssen wir unbedingt investieren.
Definition Unicorn: Ein Start-Up mit einer Marktbewertung oder einem Börsengang von über einer Milliarde US-Dollar. Und davon haben wir ja Massen in Österreich. Kein Wunder, dass dieser Begriff in jedem 2. Satz vorkommt…
Am Ende des Tages ist diese Floskel völlig sinnbefreit!
Was? Sie sind tatsächlich von Anfang an gebootstrapped? Hut ab!
Ein Unternehmen, das Eigenkapitalfinanziert ist. Ganz und gar unglaublich…
Bitte, denk doch einmal outside the box!
Wir verlassen unseren gelernten Denkraster, blicken über den Tellerrand oder sprechen Englisch, weil wir wichtiger sein wollen, als wir sind.
Diese low hanging fruits müssen wir uns holen! Wär ewig schad um diese quick wins.
Haha – low hanging fruits! Man kommt sich ein bissl vor wie bei den Affen. Naja, irgendwo sind wir das ja auch. 😉
Es ist deine Arbeitsgruppe, dein Produkt – just own it!
Managementsprech par excellence! Man kann sich den zugehörigen Höhlenmenschen gut vorstellen. Und seinen Gesichtsausdruck.
Das ist ein definitiver gamechanger gar keine Frage – da müssen wir unbedingt dranbleiben.
Mittlerweile ist jedes kleine Pimperlprojekt ein gamechanger. Irgendwie ändert sich das Spiel aber trotzdem nicht. Hmm, seltsam eigentlich…
Alternative: Wow, the next big thing – da müssen wir unbedingt dranbleiben.
Siehe oben: Wo genau ist die große Veränderung?
Oder: Total disruptiv! Das ändert alles.
Alle drei Schwafeleien meinen dasselbe und sagen doch nichts, denn am Ende bleibt alles beim Alten.
Wenn wir uns agile aufstellen, können wir die challenges des Marktes ganz einfach facen.
Wenn ich‘s nicht mit eigenen Ohren gehört hätte. 😊 Das Unternehmen war übrigens nicht in der Lage, sich adäquat zu restrukturieren und gehört mittlerweile der Vergangenheit an. Aber hey – die Aussage war Gold wert, oder?!
Wären wir lean organisiert, wäre uns das alles nicht passiert.
Schlank und effizient – so sollte man Unternehmen dieser Tage aufstellen? Wer hätte das gedacht? Erzähl mir mehr! Nein, war ein Scherz, lass es bleiben.
Ja dass du als early adopter das Produkt XY (beliebigen Lifestyleschrott einsetzen) schon hast, war ja klar.
Auch schon mal eine Nacht vor einem Appleshop campiert, um das neueste i-Phone abzustauben? Herzliches Beileid…
Du wir haben schon so viele Projekte in der Pipeline, das geht erst nächstes Jahr.
Übersetzung: Fuck off!
Wir haben da so ein neues ganz schräges Video reingestellt. Was soll ich dir sagen? Das ist total viral gegangen. Wir waren völlig geflasht von der response.
Ahahahaaaa! 😊 Wir berichten live aus der Social Media Abteilungsblase.
Die UX ist einfach beschissen.
Genauso wie der Begriff.
In Zeiten von big data kann das aber wirklich kein Problem mehr sein.
Ich weiß nicht, welche Daten wir haben, ich weiß nicht, wie wir an brauchbare Daten kommen, ich weiß nicht, ob wir die Daten überhaupt erheben dürfen, ich weiß nicht, wie wir die Daten auswerten können und schon gar nicht, wer das machen sol Aber egal. Wir haben Daten. Große Daten. Punkt.
Überhaupt kein Problem. Da organisieren wir uns einfach einen growth hacker und der checkt das dann für uns.
Der growth hacker wird unser Expansionsthema für uns lösen…jap, passiert auch laufend, vertrauen Sie ruhig darauf. Und morgen bringt uns das Milchmädchen das Rechnen bei.
Er als serial entrepreneur, weiß ganz genau wovon er spricht.
Serial entrepreneur: Person, die schon eine Reihe von Geschäften mit Vollgas in den Sand gesetzt hat. Experte für eh alles (Copyright Gunkl).
Wenn du wirklich etwas erreichen willst: You have to go the extra mile!
Ein Ziel zu erreichen ist nicht genug, du musst darüber hinausschießen. Vielleicht reicht es aber auch nur, sich ordentlich anzustrengen.
Dir ist schon klar, dass wir in einem B2B und in keinem B2C Bereich unterwegs sind?!
3 von 4 Menschen außerhalb der Managementblase verstehen den Unterschied (alleine schon sprachlich) nicht. Wie zielführend kann diese Konversation enden?
Wir müssen die Dienstleistung gamifizieren. Nur so können wir unsere target group erreichen
Aktuelle Standardaussage zu fast jeder Dienstleistung.
Wir setzen einfach einen Hackathon in Szene, dann haben wir die Software die wir brauchen.
Sagen Leute, deren IT-Kenntnisse beim Versenden einer E-Mail enden.
Wie schaut der Proof of Concept aus?
Machbarkeitsnachweis ist ja im Vergleich auch total unsexy, oder?!
Die Dienstleistung muss skalierbar Alles andere führt zu nichts.
Es soll Dienstleistungen geben, die nicht skaliert wurden und trotzdem 100000e Menschen ernähren. Kann eigentlich gar nicht sein, oder doch?
Worauf will ich hinaus? Mein langjähriger Mentor hat immer zu mir gesagt: „Markus, verstehen ist Glückssache.“ Wenn man sich die Myriaden von Kommunikationshandbüchern auf dem Markt anschaut und dann feststellt, dass wir einander trotzdem NICHT verstehen, sollte man im Businesskontext (natürlich auch privat) zwei Dinge jedenfalls berücksichtigen:
Aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Hierzu werde ich einen eigenen Blog schreiben.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Spaß bei Ihrem nächsten Meeting! Oder Brainstorming! Oder einfach bei der nächsten Besprechung. Sie wissen schon, was ich meine. 😉
feinschliff by the fabulous norbert hübner